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Seite erstellt: 27.05.2014

Letzte Änderung: 07.01.2019

 

 

Der Sturz eines BGS-Fahrzeugs in den Grenzfluss Ecker (Harz)

 

 

Am Mittwoch, den 20. Januar 1982 fuhr ich Kontrollstreife im Grenzabschnitt der Grenzschutzabteilung Nord 5 Goslar.
Unser Kraftfahrzeug war der m Pkw gl (Kfz 23 gl) BG 21-384. Der Fahrer war der WM i. BGS G.
Wir fuhren um 04.00 Uhr in der Unterkunft Rammelsberg los und befuhren im Rahmen der Streife den Weg entlang der Ecker vom Wasserwerk der Eckertalsperre kommend in Richtung der Hausmannsklippen.
Die Bachmitte der Ecker ist hier der genaue Grenzverlauf.
Der Weg war teilweise mit verharschtem Schnee bedeckt, teilweise war er auch gefroren und frei.
Es begann zu dämmern und war etwa 06.00 Uhr.
Etwa 300 m vor der Abzweigung eines Weges zum Molkenhaus war der Weg völlig mit einer Eisplatte auf einer Länge von ca. 8 m bedeckt.
Es war Wasser von der linken Böschung über den Weg in Richtung Ecker geflossen und dann gefroren.
Wir fuhren ganz langsam auf die Eisplatte.
Als wir mit allen vier Rädern darauf waren, rutschte unser Fahrzeug infolge des sich zum Bach hin gebildeten leichten Gefälles nach rechts über die ca. 2 m hohe Böschung und stürzte in die Ecker.
Es kam auf der linken Fahrerseite, Motorhaube zur Böschung Bundesgebiet, zum Liegen.
Mein Fahrer und ich hingen durch die Sicherheitsgurte gehalten in den Sitzen.
Das Wasser staute sich vor dem Fahrzeug und drang hinein.
Auf meine Frage an den WM G. nach seinem Befinden lösten wir uns aus unserer Lage, krabbelten durch die Beifahrerseite ins Freie, wateten durch die Ecker, stiegen die Böschung hoch und setzten uns erst einmal auf die Böschung am Wegesrand. Wir waren völlig durchnässt aber unverletzt.

Das umgestürzte Kfz. lag teilweise auf DDR-Gebiet. Die Bachmitte war ja Grenze (Fotos siehe unten).


Nach kurzer Überlegung wies ich den WM G. an, an der Unfallstelle zu verbleiben.
Ich selbst lief und stolperte zum etwa 1,5 km entfernten Wasserwerk der Eckertalsperre.
Dort wurde ich sogleich mit trockener Bekleidung versorgt und von dort benachrichtigte ich telefonisch die Dienststelle in Goslar und den zur Zeit in Brunnenbachsmühle (bei Braunlage) sich aufhaltenden Kf.-Sachbearbeiter.
Sofort anschließend fuhr mich ein Bediensteter des Wasserwerkes mit einem VW-Käfer, der mit Snow-Gripp-Ketten bestückt war, zur Unfallstelle zurück.
Nun wurde auch WM G. mit trockener Kleidung versorgt. Er saß noch zitternd und frierend an der Wegeböschung und hatte während meiner Abwesenheit die Waffen sowie die Streifen- und Funkunterlagen aus dem umgestürzten Fahrzeug herausgeholt.

Auf Seite der DDR war bisher keine Reaktion o.ä. erfolgt.
Wie später bekannt wurde, hatte der Abt.-Kdr. in Goslar sofortige ,,Funkstille" für alle befohlen.
Kurze Zeit später traf eine Zollstreife an der Unfallstelle ein.
Nach ca. 1 Std. waren auch die Hilfskräfte aus Goslar vor Ort, und das Kfz. wurde mit dem Abschleppkw. aus der Ecker geborgen.
Auch bis zum Ende der gesamten Aktion wurde kein Angehöriger der Grenztruppe der DDR bemerkt oder irgendeine Reaktion festgestellt, obwohl die ganze Bergeaktion nicht leise vonstatten ging.
Das Kraftfahrzeug wurde später in der ortsfesten K-Werkstatt instand gesetzt und war danach noch etliche Jahre im Einsatz.

(erlebt und aufgeschrieben von Jörg Steinmann; damals Schirrmeister (K) der 4. GSA Nord 5)

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Ergänzungen von Lothar Engler (BGS Goslar; T-Zug, Taucher):

Ich erhielt den Befehl, sofort mit einem Taucheranzug ausgestattet sowie einem weiteren Kollegen zusammen mit dem Sachbearbeiter Sicherheit (I/S) zur Unfallstelle an die Ecker zu fahren.

An der Unfallstelle waren bereits mehrere Zöllner, Bedienstete des Wasserwerkes sowie PHM Steinmann und WM G. anwesend.

Was war geschehen? Der Daimler des T-Zuges war die Böschung hinunter in die Ecker gestürzt.  Auf dem Weg war eine größere Eisplatte, auf dieser hatte sich der Wagen, welcher aus Richtung Wasserwerk kam, um 90°gedreht und ist genau an einer Stelle, wo die Ecker - bedingt durch große Felsbrocken - ein tiefes Loch an der Böschung ausgespült hatte, Kopfüber hineingefallen. Der Wagen lag auf dem "Blaulicht", die Türen waren geöffnet. Ich zog mir den Taucheranzug an und sollte nachsehen, ob noch Funkunterlagen bzw. Streifenunterlagen im Fahrzeug waren. Dieses war nicht der Fall.

Unser Abt.-Führer, PD Friedrich Reier, traf nun auch an der Unfallstelle ein. Wenig später kam der Kranwagen rückwärts aus Richtung Wasserwerk angefahren. PD Reier persönlich streute mit weiteren Helfern große Mengen Salz auf die Eisplatte, damit der Kranwagen einen sicheren Stand bekam.

Der Daimler wurde ohne weitere Probleme aus der Ecker geborgen und Richtung Wasserwerk abgeschleppt.

 

Während der Bergungsaktion war nicht zu erkennen, ob die Grenztruppen überhaupt mitbekommen haben, was dort geschehen war. Niemand war zu sehen. Man ging davon aus, dass sie es nicht bemerkt hatten.

 

Am Nachmittag mussten wir noch einmal, mit Taucheranzug ausgestattet, zur Unglücksstelle fahren. Es lagen noch Glasreste von einem Blinker und von einem Scheinwerfer in der Ecker. Diese habe ich dann geborgen und somit hinterließen wir keinerlei Spuren eines Unfalls, welcher zum Glück ohne Personenschäden ausging.

 

Bleibt anzumerken, dass das Wasserwerk zum Zeitpunkt des "Eckersturzes" zusätzlich Wasser aus der Talsperre abließ. Somit war die Ecker sehr gut gefüllt. Erst nachdem PHM Steinmann völlig durchnässt im Wasserwerk angekommen war, stellte man den Abfluss sofort ein.

Ferner bleibt festzuhalten, dass es im gesamten Eckertal nur diese eine Stelle gibt, wo die Ecker so ein tiefes Loch ausgespült hat. Und genau an dieser Stelle ereignete sich der Unfall.

 

Der Daimler wurde wieder hergerichtet. Es sollen alle Kfz-Werkstätten des GSK - Nord daran beteiligt gewesen sein.

Als der Mercedes wieder wie neu aus der Goslarer BGS-Werkstatt kam, organisierte man in einer Kfz-Halle einen "Stapellauf". Der Mercedes hieß von dem Tag an: "U 21 - 384"

Dass es sich bei dem Mercedes um ein U-Boot handelte, stellte man immer dann fest, wenn man mit dem Wagen durch Regen fuhr. Wasser drang in den Innenraum ein. Ferner waren die Zahlenreihen des Tachos leicht angerostet. Bei aller Mühe der Kfz-Handwerker, so ganz hat man diese Mängel nie in den Griff bekommen.

 

 

 

 


 

Vergrößern der folgenden Bilder mit Mausklick


Unfallskizze 01

Unfallskizze 02


 

Bild links:

Das BGS-Fahrzeug liegt kopfüber im Grenzfluss Ecker, nachdem es vom Waldweg (am linken Bildrand auf Höhe der Personengruppe) nach rechts die Böschung hinab rutschte. Bei der Bergung war auch der BGS-Angehörige Lothar Engler vom technischen Zug beteiligt (zu erkennen im roten Taucheranzug).

 


Bild links:

Weitere Vorbereitung der Bergung durch BGS-Kräfte des techn. Zuges. Hinter dem Fahrzeug Günter Kreikenbohm.