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Seite erstellt: 22.05.2007

Letzte Änderung: 13.12.2023

 


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Ansichtskarte von 1903

 

Lutter am Barenberge, ein kleiner Flecken mit großer Geschichte

(Eine kurze Abhandlung über einen geschichtsträchtigen Ort)

 

Hier bin ich 1951 geboren, etwa 1.000 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes.

Lutter am Bahrenberge wurde 956 in einer von Otto I. ausgestellten Schenkungsurkunde des Herzog Ludolphs an das Reichsstifts Gandersheim genannt.

Der Name Lutter leitet sich vom sog. "Lauteren Bach" ab.

Der Namenszusatz am Barenberge tauchte bereits 1345 auf und diente der Unterscheidung von Lutter am Elm, dem späteren Königslutter. In der Zeit des Mittelalters während der Zugehörigkeit des Ortes zu den Bischöfen des Bistums Hildesheim wurde der Ort auch Bischoppslutter genannt.

Namensgeber "am Barenberge" war höchstwahrscheinlich der 315 m hohe Bakenberg, der jedoch mehrere Kilometer südlich von Lutter nahe Hahausen liegt. Mit der Bezeichnung wurde nicht die Lage des Ortes an einem Berg beschrieben, sondern - wie in den mittelalterlichen Zeiten üblich - eine Grenzregion dargestellt (hier: die südliche Grenze des Wolfenbütteler Landes).

 

Weil man im Jahre 1956 vergessen hatte, das 1.000-jährige Bestehen Lutters gebührend zu feiern (vielleicht war aber einfach das Geld für eine angemessene Feier nicht vorhanden), hat man das Ganze dann 50 Jahre später im Jahre 2006 nachgeholt. Ein paar Bilder von einem der Festtage (30. April 2006) habe ich auf meiner Internetseite eingestellt.

Lutter am Barenberge - ein knapp 2.000 Einwohner zählender kleiner Flecken, 5 Kilometer nördlich vor dem Nordwestrand des Harzes an der Bundesstraße 248 zwischen Salzgitter Bad und Seesen gelegen. Nähere Informationen über die heutige Samtgemeinde Lutter mit ihren Mitgliedsgemeinden findet man auf deren Internetseite

[Ergänzende Anmerkung 13.12.2023: seit dem 01.11.2021 gibt es Lutter als selbstständige Samtgemeinde nicht mehr. Lutter ist mit dem 01.11.2021 ein Teil der Stadt Langelsheim geworden].

Lutter ist ringsum eingebettet in eine umwaldete Hügellandschaft, wobei zum Süden hin ein paar doch etwas mächtigere Hügel das Lutterer Becken abschließen. Hier steigt der dunkle Harz als Norddeutschlands höchste Berglandschaft (der Brocken mit 1141 Metern höchster Berg) aus dem Lutterer Becken empor. Über die Harzrandorte Seesen, Langelsheim, Goslar, Oker oder Bad Harzburg, die schnell von Lutter aus erreichbar sind, kann der Harz gut erkundet werden.

 

Lutter im Jahr 1926 / Blick vom Bohrturm (Richtershöhe)

 

Egal aus welcher Himmelsrichtung man auf Lutter zukommt, die Silhouette des Ortes allein macht neugierig. Sofort fallen die beiden Türme auf, die den Ort überragen.

Der "Dicke Amtmann" und der "Dünne Pastor".

Als "Dicker Amtmann" wird der mächtige Bergfried der alten Burganlage  bezeichnet.

Der "Dünne Pastor" steht für den schlanken Kirchturm der evangelischen "St. Georg-Kirche".

 

 

Und was die Geschichte Lutters betrifft, da war doch etwas mit einer verheerenden Schlacht zur Zeit des 30-jährigen Krieges.

 

Kirche St. Georg mit dem wohl ältesten Glockengeläut Deutschlands

 

Der Bau der ersten Kirche in Lutter (Bild unten links) begann im Jahre 1539, wohl an nahezu gleicher Stelle, an der heute die evangelisch-lutherische St. Georgskirche steht. Wegen Baufälligkeit wurde der erste Kirchbau Lutters bereits nach ca. 300 Jahren abgerissen und vom Baumeister Uhlmann aus Braunschweig in der Zeit von 1866 bis 1869 das neue Kirchgebäude errichtet (Bild unten Mitte).

Als Baumaterial verwendete man Sandstein aus den heimischen Steinbrüchen von Ostlutter - auch für den Kirchturm und die rings um das Dach angebrachten kleinen Türmchen. In den Sandstein wurden als Verbindungen zwischen der Vielzahl von Sandsteinornamenten Vierkanteisen eingearbeitet. Nun hat Sandstein die Eigenschaft, dass er Wasser anzieht. Diese Tatsache hatte zur Folge, dass die Vierkanteisen Rost ansetzten, und der Rost die Ornamente sprengte. Eine Restaurierung wäre zwecklos gewesen. Deshalb begann man 1953, den Turm mit seinen Verzierungen sowie die rings um das Kirchenschiff angebrachten kleinen Sandsteintürmchen wegen Baufälligkeit gänzlich abzutragen.

Der schmucke ornamentverzierte Kirchturm wurde durch einen neuen ersetzt (Bild unten rechts). Dieser Turm wurde mit Harzer Marmor (auch bekannt als Schiefer) eingedeckt.

Das Gotteshaus wird wegen seiner für den kleinen Ort doch relativ recht üppigen Dimensionierung schon mal der "Dom im Harzvorland" genannt.

St. Georgskirche ca. 1545 bis 1840

St. Georgskirche 1869 bis Sept. 1953

(Turmhelmabriss)

St. Georgskirche ab 1956

(mit neuem Turmhelm)

 

Das Bemerkenswerteste an St. Georg ist von außen nur zu hören. Die Kirche beherbergt eines der ältesten Glockengeläute in Deutschland. Etwa im Jahr 1060 wurde die Ribernus-Glocke, die älteste Glocke des Glockengeläuts der St. Georgs-Kirche, in Hildesheim vom Glockengießermeister Ribernus gegossen (Bild links). In der einen oder anderen Schrift soll die Herkunft des Namens auf den angeblich ersten Geistlichen in Lutter zurück zu führen sein. Der Durchmesser der Glocke beträgt nur 39 cm, ihre Höhe bis zur Oberkante des Kronenbügels 45 cm und ihr Gewicht 36 kg. Die Ribernus-Glocke besitzt zwei rechteckige Schalllöcher. Üblich waren dreieckige Schalllöcher. Diese dienten dazu, den schallenden pfeifenden Nebenton, der beim Anschlagen der Glocke entstand, auszuschalten. Nach 1100 ließ man Schalllöcher in Glocken ganz weg, da man durch die Verdünnung der oberen Glockenwandung die Nebentöne beseitigen konnte. Die Ribernus-Glocke ist etwas Einmaliges im ganzen abendländischen Kulturkreis. Ein Meisterwerk von hohem Wert, das im zweiten Weltkrieg vor dem Einschmelzen gerettet werden konnte.

Daneben existieren noch zwei Läuteglocken aus den Jahre 1170 - die Theophilus-Glocken. Eine Glocke wurde nach dem zweiten Weltkrieg auf dem Glockenfriedhof in Hamburg wiedergefunden und nach Lutter zurück gebracht.

Eine vierte Glocke aus dem Jahr 1594 wurde beim Abtransport  im zweiten Weltkrieg zum Einschmelzen nach Hamburg im Kirchturm fallen gelassen und zerstört.

Mithin verfügt also die St. Georgskirche in Lutter über eines der ältesten Glockengeläute in Deutschland.

 

Aber auch ein Blick in die Kirche lohnt sich. Die Ende der 1990er Jahre restaurierten, überaus farbenfrohen  neogotischen Wand- und Deckenmalereien überraschen.

Dr. Lorenz Schlimme (von 1990 bis 1994 Pfarrer in Lutter) und hat 2019 ein Büchlein zur Baugeschichte der St. Georgskirche herausgegeben.

Darin enthalten u.a. auch die beiden obigen Bilder vom Innenraum der St. Georgskirche.

Unter der ISBN 978-1674767253 kann das Büchlein nur über Amazon erworben werden.

 


 

Die Burg von Lutter am Barenberge

 

 

Die Geschichte der Burg

Die Burg Lutter wurde vermutlich um das Jahr 1100 erbaut. Kaiser Heinrich IV. ließ zu dieser Zeit eine Reihe von Befestigungsanlagen am Harz zum Schutz seiner Güter erbauen. Die Burgen wurden mit Rittern besetzt, die ihrem Fürsten zur Heeresfolge verpflichtet waren, den vorbei ziehenden Kaufleuten sicheres Geleit geben sollten und entsprechende Zölle und Gebühren einzutreiben hatten.

In der nunmehr fast 1000jährigen Geschichte wechseln sich verschiedene Herren als Eigentümer, Erbauer oder Zerstörer ab und es wird die unterschiedliche machtpolitische Relevanz der Burg erwähnt. Sie ist Grenzmarkierung, hat strategische Bedeutung, dient der Sicherung und dem Ausbau von kirchlichen oder weltlichen Herrschaftssystemen, bedeutet Reichtum, Besitz usw.

 

Das erste Mal nachweislich erwähnt wurde die Burg Lutter im Jahre 1152. In diesem Jahr wurde die Burg bei Auseinandersetzungen zwischen Marktgraf Albrecht dem Bären und Herzog Heinrich dem Löwen zerstört.

1259 erwarb Bischof Johan I. von Hildesheim die Burg von Ritter Ekbert von Lutter.

Dessen Nachfolger Otto I. lies die Burg 1270 ausbauen. Sie übernahm die Funktion eines Amtssitzes und einer Grenzburg.

1279 wurde sie von Bischof Siegfried II. von Hildesheim zusammen mit Otto dem Strengen von Braunschweig belagert. Danach war Heinrich der Wunderliche von Braunschweig Inhaber der Burg, seine Söhne verkauften sie 1323 an das Hochstift in Hildesheim. Seit dieser Zeit spielte die Burg Lutter eine Rolle als Amtssitz und Grenzburg des Stifts Hildesheim. Bis ins 16. Jahrhundert unterstand die Burg Lutter dem Hildesheimer Bischof.

In der Hildesheimer Stiftsfehde 1523 fiel die Burg dem Fürstentum Braunschweig / Wolfenbüttel zu und blieb fortan in welfischer Hand.

Burg Lutter um 1626

Während des 30-jährigen Krieges von 1618-1648 war die Burg stark befestigt und diente den für die Protestanten kämpfenden Dänen als Verteidigungsanlage. Nach der Niederlage des dänischen Königs Christian IV. in der entscheidenden Schlacht bei Lutter am Barenberge wurde die Burg von Tillys Truppen besetzt aber nicht zerstört.

 

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Burg Sitz von Adligen. 1847 wurde es Staatsgut von Braunschweig und bis ca. 1965 als Domäne geführt.

 

Anlage und Gebäude

 

Beherrschend für die einst sehr starke Burg Lutter, ursprünglich eine Wasserburg, ist der sehr hohe Bergfried (1. Bild von oben), der von einem dreigeschossigen Herrenhaus umfasst wird.

Die Umbauung des Bergfrieds diente spätestens seit dem späten 17. Jahrhundert als herzogliches Amtshaus.

Dem Bergfried wurde auch erst später seine Mütze aufgesetzt.

 

Ursprünglich war die Burg nur unterirdisch zugänglich, was ein hohes Maß an Sicherheit für die Burgherren bedeutete.

 

Die Lage eines weiteren Turmes und des Haupttores sind nach Ausschachtungsarbeiten bekannt geworden.

 

 

Ein weiteres beherrschendes Bauwerk ist der gewaltige gotische Palas (2. u. 3. Bild von oben), auch als Brauhaus bezeichnet.

 

Aus einer Urkunde von 1318 wird neben der Beschreibung der Burg auch über umfangreiche Baumaßnahmen berichtet.

Unter anderem ist von der Errichtung des Moshus die Rede, womit der noch heute erhaltene Palas gemeint ist.

Eine Datierung des Palas stützt sich nicht nur auf die urkundliche Erwähnung, sondern wird auch durch die erhaltenen Detailformen (kleine kleeblattförmig geschlossene Fenster in Zweiergruppen) dokumentiert.

 

 

Das oben erwähnte Dokument zeigt auch, dass die heute noch bestehende Anlagenform der Burg bereits im frühen 14. Jahrhundert festgelegt wurde.

 

 

Die Restaurierung des Palas (unterstes Bild) ist noch nicht abgeschlossen und wird sicherlich noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Bergfried mit umbauten Herrenhaus

Bergfried mit Herrenhaus (Südansicht)

 

Palas von 1318

Palas (Brauhaus) Westansicht

 

Palas (Brauhaus) Nordansicht

 

 

Palas innen

Palas innen

 

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden Teile des Wassergrabens im Osten eingeebnet und die Burgmauer sowie der dicke Turm zwischen Palas und Bergfried abgerissen. Dadurch war für den Domänenbetrieb eine bessere Verbindung zum Schäferhof hergestellt.

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden noch weitere Um- und Anbauten durchgeführt.

 

Wirtschaftsgebäude (2006)

Lageplan von 1756

Burg Lutter/Lageplan von 1756

Die Anlage ist jedoch durch die jahrhunderte lange Nutzung als Staatsgut (Domäne) recht deutlich überformt worden. Heute umgrenzen Wirtschaftsbauten den sehr großen Hofplatz (Bild links). Sie stehen zum Teil auf den alten Burgmauern.

Der Grabenzug, der die Lage am Rande eines Plateaus noch stärker hervorhob, ist im westlichen und nördlichen Bereich erhalten.

 

 

Die Herren auf der Burg

 

Bekannt sind folgende Burgherren von 1202 bis 1402 des ritterlichen Geschlechts derer von Lutter

1202 Eschewinus von Lutter

1233 Aschwin von Lutter

1256 Lippoldu von Lutter

1258 Ekbert von Lutter

1272 Aschwen und Beleke von Lutter

1274 Johann (Marschall) von Lutter

1279 Eberhard und Aschwin von Lutter

1280 Andreas von Lutter

1289 Aschwin, Detmar und Geveke von Lutter

1298 Thetmar von Lutter

1320 Aschwin von Lutter

1330-1352 Andreas und Albert von Lutter

1352-1369 Erbert von Lutter / Konrad von Lutter, Ritter/ Aschwin von Lutter

1374 Konrad von Lutter, Ritter

1375 Burghard von Lutter, Knappe

1387 Detmar von Lutter, Ritter / Günzel von Lutter (Bruder)

1402 Cord von Lutter (der letzte der männlichen Linie derer von Lutter)

 

1403 Grafen von Schwicheldt (Pfandbesitz), betätigten sich als Raubritter

1427 Eroberung der Burg durch Herzog Otto zusammen mit dem Bischof von Hildesheim und den Städten Goslar, Braunschweig und Hildesheim und Gefangennahme der Grafen von Schwicheldt

1459 Herren von Salder (Belehnungsurkunde)

 

1523 fielen Lutter und die Burg Lutter in der Hildesheimer Stiftsfehde endgültig an das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel

 

1561 Herren von Rhüden

1627 Herren von Gans

1708 Herren von Schack

1790 Herren von Hagen

1792 Roger von Drake

1804 Herren von Rettberg

1830 Herren von Lengerke

 

Seit dem Jahre 1783 wurden die Ländereien des Rittergutes von ihrem adligen Besitzer verpachtet. Der Pächter wohnte in dem umgebauten Turm. Die Adligen bewohnten das an die Burg angrenzende 1316 errichtete Amtsgerichtsgebäude (1945 abgebrannt).

 

 

 

 

1852 kaufte die herzogliche Braunschweiger Kammer die Burg und betrieb sie bis in die 1960er Jahre als Domäne. Die Pächter waren die Familien Siemens (diese hatten bereits seit 1783 die Ländereien gepachtet), Hoppenstedt, Jordan, Schilling, Südekum, Böhle sen. und Böhle jun.

Als Walter Böhle 1963 die Pacht aufgab, wurde auch etliches Mobiliar aus dem Herrenhaus verkauft. Meine Eltern haben u.a. einen Bücherschrank und einen Schreibtischsessel erworben (siehe Bilder unten). Das Alter der Gegenstände ist mir leider nicht bekannt. Der Schreibtischsessel ist nach wie vor im Familienbesitz.

 

 

 


NEUERE BURGGESCHICHTE

Im Zuge der allgemeinen Umstrukturierung der Landwirtschaft wurde der staatliche Domänenbetrieb in den 1960-er Jahren eingestellt. Die Burggebäude gingen 1965 in Privatbesitz über. Zwei Baufirmen versuchten hintereinander auf der Burg Fuß zu fassen, allerdings ohne Erfolg. Dies hatte zur Folge, dass die Gebäude 17 Jahre leer standen und einem ständig fortschreitenden Verfall unterworfen waren.

 

Im September 1980 sind die ersten KommunardInnen der Lutter-Gruppe auf der Burg eingezogen, die 3 Jahre später auch von ihnen gekauft wurde. Seitdem leben hier zwischen 10 und 25 Frauen, Männer und Kinder, deren Ziel es ist, ohne Herrschaftsstrukturen und unter anarchistischen Gesichtspunkten zusammen zu leben und zu arbeiten.

 

Die Grundlage der Lutter-Gruppe ist eine gemeinsame Ökonomie für alle Einnahmen und Ausgaben und das wöchentliche Plenum als Diskussions- und Entscheidungsforum. Entscheidungen werden nach dem Konsensprinzip gefällt. Der Lebensunterhalt wird selbstbestimmt und eigenverantwortlich erarbeitet. Die Betriebe der Lutter-Gruppe sind derzeit das Holzkollektiv, bestehend aus Tischlerei und Zimmerei, das Seminar- und Ferienhaus, die Textildruckwerkstatt, die Vollkornbackstube und das Ingenieurbüro für Statik und Abwasserkonzepte. Für den Eigenbedarf wird in den Bereichen Kinderbetreuung, Garten, Tierhaltung, Kochen und Lebensmittelherstellung gearbeitet. Außerdem werden ständig Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an den Burggebäuden durchgeführt.
Mit der Lutter-Gruppe ist wieder Leben auf die Burg eingezogen. Anfänglich wurden hauptsächlich Sicherungsarbeiten durchgeführt. Und nach und nach die Räumlichkeiten für Wohn- und Arbeitsstätten saniert und ausgebaut. Die Sanierungsarbeiten wurden weitgehend aus eigenen Mitteln finanziert. Für einzelne größere Baumaßnahmen wurden Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln gewährt.

Um die Sanierungsmaßnahmen mit relativ bescheidenen finanziellen Mitteln durchzuführen wird Baustoff Recycling betrieben, also Balken, Ziegel und sonstiges Baumaterial aus Abrissen wiederverwertet.

Trotz beschränkter Mittel hat die Lutter-Gruppe Beachtliches für die Sanierung der Burg und der auf dem Gelände vorhandenen Gebäude geleistet. Danke dafür!

 

 


 

 

Die Schlacht bei Lutter am Barenberge

 

Lutter ist nicht nur ein Ort von vielen in Niedersachsen. Hier wurde ein Teil der deutschen und europäischen Geschichte geschrieben.

 

Es ist die Zeit des 30jährigen Krieges (1618-1648).

Norddeutschland war protestantisch und der katholische Habsburger Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) schickte sich an, auch diese Gebiete mit Gewalt seiner Truppen seinem Machtbereich unterzuordnen. Sein Feldherr Tilly sollte es richten. In den Jahren 1623 - 1625 drangen die Truppen immer bedrohlicher gen Norden vor.

Um der zunehmenden Macht der Habsburger entgegen zu treten, bildete sich eine Koalition aus Dänemark, Schweden, Frankreich, den Niederlanden und England. Man entwarf Feldzugspläne für ein militärisches Eingreifen in Deutschland. Diese Koalition hatte jedoch mehrere Probleme: Frankreich besaß keine ausreichenden finanziellen Mittel, um seine Großmachtpläne zu finanzieren, England war unentschlossen, die Niederlande befanden sich wieder im Krieg mit Spanien und von allen wurden die Eifersüchteleien der nordischen Partner unterschätzt. Christian IV. - König von Dänemark

Der König von Dänemark, Christian IV., blieb übrig, um allein im Sommer 1625 die protestantische Sache in Deutschland zu verteidigen.

Die "protestantische Sache verteidigen", das bedeutete, den Befürchtungen der norddeutschen Fürsten vorzubeugen, dass durch eine verstärkte katholische Einflussnahme die norddeutschen Kirchengüter (Stifter), wieder an die katholische Kirche zurückgegeben werden mussten. Diese Kirchengüter wurden entgegen dem geistlichem Vorbehalt durchweg von protestantischen "Administratoren" verwaltet, und waren in der Regel die soziale Sicherung protestantischer Fürstensöhne.

Der bis dahin neutrale norddeutsche Kreistag wählte daraufhin den Dänenkönig zum Kreisobersten und 1625 beschlossen die norddeutschen Stände zu rüsten, so dass Christian innerhalb ihrer Grenzen Rekruten anwerben konnte.

 

Das Eingreifen des dänischen Königs Christian IV. (1577-1648) eröffnet den »Dänisch-Niedersächsischen Krieg« (1625-1629), die zweite Phase des »Dreißigjährigen Krieges«.

Von einem Kriegsbeginn konnte lange Zeit keine Rede sein; zunächst marschierte Christian entlang der Weser, ohne in irgendwelche Kampfhandlungen zu geraten. Auch die fehlende finanzielle Unterstützung durch England und Frankreich hatte Christian bisher von einem Angriff abgehalten.

In Wien erkannte man jedoch die Gefahr eines dänischen Angriffs. Diesen Umstand nutzte der Kaiser, um mit Unterstützung Wallensteins ein eigenes kaiserliches Heer aufzustellen. Ende des Jahres 1625 traf Wallenstein mit 30.000 Mann zur Verstärkung Tillys im Grenzgebiet der norddeutschen Kreise ein.

Tilly

Im Frühjahr/Sommer 1626 trafen die streitenden Parteien der katholischen kaiserlichen Liga unter der Führung von Tilly und die Truppen der Protestanten unter der Führung des Dänenkönigs Christian IV. in den Regionen zwischen Magdeburg und Weser immer wieder aufeinander.

 

Wallenstein war inzwischen im Frühjahr 1626 in Kampfhandlungen gegen Christians Mitstreiter Ernst von Mansfeld in Schlesien und Mähren gebunden, so dass Christian nur noch die Truppen Tilly's gegen sich hatte. Die Gunst der Stunde wollte der Dänenkönig nutzen und zog aus der Gegend um Braunschweig in Richtung Thüringen, in der Absicht, zwischen beiden feindlichen Heeren in das ungeschützte Süddeutschland einzufallen.



Als Wallenstein von den Absichten Christians erfuhr, schickte er Tilly 8.000 Mann Verstärkung. Tilly rückte unverzüglich vor.

Bei Göttingen/Northeim kam es zur ersten größeren Auseinandersetzung. Die Kaiserlichen waren überlegen und Christian machte kehrt, um wieder in seine gesicherte Operationsbasis bei Wolfenbüttel zurückzukehren. Mitte August konnte seine Nachhut den schnell nachrückenden Tilly noch auf Distanz halten; am 26. August musste Christian einsehen, dass er die restlichen dreißig Kilometer bis zum befestigten Hauptlager nicht mehr ungefährdet erreichen konnte.

 

 

 

Zwischen Hahausen, Nauen und Lutter fand am 27. August 1626 die entscheidende Schlacht statt, die in die Geschichtsbücher als "Die Schlacht bei Lutter am Barenberge" eingegangen ist. Es wäre müßig, an dieser Stelle alles das zu wiederholen, was kompetentere Menschen zu dem Gemetzel bereits nieder geschrieben haben, u. a. auch einige Ortschronisten aus Lutter selbst.

 

Nur soviel in Kurzform:

Christian bezog gegen die von Seesen nachrückenden Truppen Tilly's nordöstlich von Hahausen Stellung. An Reitern war er Tilly um einige Hundert überlegen. Das Fußvolk war aber in der Unterzahl. Es hielt den konzentrierten Angriffen Tillys nicht stand und floh (zumindest der Teil, der noch nicht abgeschlachtet war).
Die Chronisten sind sehr zurückhaltend bei der Beurteilung des Feldherrentalents König Christians; die bis dahin errungenen Siege gehen in erster Linie auf die Qualitäten seines Generals Fuchs zurück (siehe weiter unten). Unbestreitbar scheint aber, dass Christian ein Draufgänger war.
Dreimal sammelte er seine Reiterei zum erneuten Angriff, bevor der Verlust seiner Geschütze weiteren Widerstand sinnlos machte. Der Dänenkönig verlor nicht nur die gesamte Artillerie, er büßte über die Hälfte seines Heeres ein und konnte sich glücklich preisen, selbst am Leben geblieben und der Gefangenschaft entkommen zu sein. In seinem sprichwörtlichen Draufgängertum war er plötzlich vom Feind umringt und sein Pferd unter ihm wurde erschossen. Nur durch Selbstaufopferung eines  seiner Offiziere konnte sich Christian mit Mühe retten.

 

Christian's Mannen haben von Tilly's Truppen mächtig auf den Helm bekommen. Die Schlacht bei Lutter war Tillys 18. Sieg, den er laut einem Brief an Kaiser Ferdinand II. für wichtiger erachtete als den bei der Schlacht am Weißen Berg bei Prag. 

Beide Armeen hatten wohl jeweils ca. 22.000 bis 25.000 Mann unter ihren Fahnen.

Zwischen 1.500 und 10.000 Tote soll es auf Seiten der Dänen gegeben haben, zwischen 500 bis 4.000 auf Seiten der Kaiserlichen. Über die genaue Zahl der Toten sind sich die Geschichtsgelehrten nicht einig. Es muss aber ein wahres Schlachtefest gewesen sein.

Noch heute wird die Gegend als Rodefeld bezeichnet. Rodefeld leitet sich ab von "rotes Feld" und soll - so die Legende - auf den durch das Blut der Gefallenen und Verwundeten rot gefärbten Ackerboden zurück gehen. Die Rotfärbung hat aber eher etwas mit dem Eisenanteil im Buntsandstein zu tun, der hier am Nordrand der Mittelgebirge als Löss vor rund 50.000 Jahren angeweht wurde.

 

Lutter 1654

 

Auch die Bevölkerung in den Dörfern ringsum war von den kriegerischen Auseinandersetzung betroffen. Die Truppen der Kaiserlichen brandschatzen bei der Verfolgung der gegnerischen Truppen die Dörfer.

Ca. 20 - 30 Fähnlein und etwa 2.000 Mann suchten Schutz in der Burg von Lutter, mussten sich aber nach kurzer Belagerung den Kaiserlichen ergeben. Die Burg selbst blieb von Zerstörung durch Tillys und Wallensteins Truppen verschont.

 

Christian selbst floh über Lutter, Neuwallmoden nach Ringelheim, wo er seine Wunden pflegen ließ und dann weiter in die Basis nach Wolfenbüttel. Der Druck Tilly's war jedoch so groß, dass sich der dänische König immer weiter in Richtung Norden zurück ziehen musste.

Die Niederlage bei Lutter war entscheidend für den weiteren Verlauf des 30jährigen Krieges in Norddeutschland. Für die Protestanten gab es nichts mehr zu holen. Seinen Kampf gegen die Kaiserlichen im offenen Felde hatte Christian aber auch dadurch verloren, weil sämtliche norddeutsche Fürsten (bis auf die Herzöge von Mecklenburg) ihre Unterstützung für den dänischen König aufgaben und sich mit wehenden Fahnen den Kaiserlichen anschlossen.

Auch die Verbündeten aus Schweden, Frankreich, den Niederlanden und England hielten sich mit ihren Unterstützungen zurück.

Es war für Wallenstein und Tilly somit ein Leichtes, die Dänen aus Niedersachsen zu vertreiben. Bis nach Jütland wurden sie verfolgt, Holstein, Mecklenburg und Pommern wurden erobert.

 

Die Schlacht bei Lutter am Barenberge leitete bereits früh das allmähliche Ende des Dänisch-Niedersächsischen Krieges ein. Dieser Teilkrieg des 30jährigen Krieges endete am 22.5.1629 im Lübecker Frieden. Dänemark erhielt zwar seine eigenen Gebiete zurück, musste aber die norddeutschen Bistümer aufgeben. Christian war gezwungen,  die kaiserliche Oberhoheit über Holstein, Stormarn und Dithmarschen anzuerkennen und sich zukünftig aus allen Reichsangelegenheiten herauszuhalten. Der dänische König hatte letztlich keine andere Wahl.

Damit waren die Kriegszeiten des 30jährigen Krieges aber keineswegs beendet.

 

Im Sommer 1630 machten sich dann die Schweden auf den Weg nach Süddeutschland, um gegen die katholische Liga zu kämpfen. Mit dem Frieden von Prag am 30.05.1635 zwischen Kaiser Ferdinand II. und Kursachsen endet der "Schwedische Krieg" (1630-1635), die dritte Phase des 30jährigen Krieges.

 

Am 18.09.1635 erklärt der römisch-deutsche Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) dem französischen König Ludwig XIII. (1601-1643), der mit den Schweden verbündet ist, den Krieg. Damit beginnt der "Schwedisch-Französische Krieg" (1635-1648), die vierte und gewalttätigste Phase des 30jährigen Krieges.

 

24.10.1648: Der "Westfälische Friede", zugleich in Münster und Osnabrück unterzeichnet, beendet den 30jährigen Krieg, der von 1618-1648 das Land verwüstet und Millionen Tote gefordert hat. Der Friedensvertrag regelt die Stellung der Stände zu Kaiser und Reich sowie die territoriale Neuaufteilung innerhalb Deutschlands.
 

 

General Fuchs

Zur Erinnerung an den in der Schlacht gefallenen General Fuchs weist ein 1908 geschaffener Gedenkstein hin. General Fuchs war Berater und nach den zeitgenössischen Schriften bester Heerführer von König Christian IV. Der Gedenkstein steht am Parkplatz an der Bundesstraße 248 (unweit der Straße zur Pöbbeckenmühle zwischen Lutter und Hahausen).

Dort, wo der Gedenkstein heute steht bzw. vorher aufgestellt war, ist jedoch nicht die Stelle, an der General Fuchs ursprünglich bestattet worden ist.

Tilly's Mannen waren zunächst der Meinung, es sei König Christian selbst, den sie - schwer verwundet - erwischt hatten. General Fuchs wurde noch nach Nauen gebracht, um ihn in dem kurz zuvor von den Dänen verlassenen Lager zu pflegen. Seine Verletzungen waren jedoch zu schwer, als dass er sie hätte überleben können. Der General wurde entsprechend seines letzten Wunsches und auf Geheiß seines Gegners Tilly dort bestattet, wo er schwer verwundet "gefallen" war.

Die Grabstelle (ein Grabhügel) wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vom Besitzer des Ackerstückes, auf dem sich das Grab befand, gepflegt. Der Ackerbesitzer erhielt  dafür regelmäßig von der Familie des General Fuchs und deren Nachkommen ein Jahresgeld, damit der stets in Ehren gehaltene Grabeshügel auch unbeschädigt erhalten werde. Als dann eine Chaussee von Lutter nach Seesen gebaut wurde (heute die B 248), führte der Straßenzug direkt durch die Grabstelle. Das Grab wurde geöffnet. Man fand ein auffallend großes Skelett und ein kostbares Schwert. Der Amtsvogt Hartung nahm das Schwert an sich. Wo es sich heute befindet, konnte ich nicht recherchieren. Die sterblichen Überreste des General Fuchs wurden in ein neues Grab gelegt.

 

Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Flecken Lutter habe ich einen Auszug aus der 1982 herausgegebenen 2. Auflage  über die Schlacht bei Lutter am Barenberge und über den General Fuchs (mit Inhalten zur Schlacht) auf meiner Internetsite veröffentlicht.

 

Heimatmuseum Lutter

Wer mehr über die Schlacht bei Lutter am Barenberge erfahren möchte, findet doch die ein oder andere Seite im Internet oder er besucht einmal Lutter und dort das Heimatmuseum. Mit viel Engagement hat der Freundesverein des Museums Fundstücke aus der Zeit des 30-jährigen Krieges zusammen getragen, darunter auch Originale vom Schlachtfeld (u.a. Kanonenkugeln, Degen, usw.; aber auch andere historische Waffen) und mit weiteren Ausstellungsstücken über die Schlacht bei Lutter ausgestellt (z.B. wird in einer Vitrine die Schlacht anhand von Zinnsoldaten nachgestellt).

Die Schlacht bei Lutter am Barenberge

 


Merian Kupferstich aus dem Jahr 1654

 


 

 

Zusammengestellt im Mai 2007 / Wolfgang Roehl

 


 

 

Anmerkung

Bei der Erstellung dieser Abhandlung habe ich mich auf verschiedenste Quellen gestützt. Bei den Recherchen habe ich bedauerlicherweise feststellen müssen, dass hin und wieder zu ein und demselben Themenpunkt differierende Angaben/Aussagen in den verschiedenen Textquellen zu finden gewesen sind. Ich habe deshalb bei meinem Artikel das aufgenommen, was für mich der Wahrheit am nächsten kam. Für die absolute Richtigkeit meiner Darstellungen kann ich aber dennoch keine Garantie abgeben.

Falls jemand die eine oder andere Unrichtigkeit feststellen sollte, wäre ich für eine kurze Nachricht dankbar.

 


 

 

Textquellen

Neilebote Lutter

Chronik des Fleckens Lutter, Ausgabe 1965, Hrsg. Flecken Lutter

Die Schlacht bei Lutter am Barenberge, 2. Auflage v. 1982, Hrsg. Flecken Lutter

Das Lutterer Becken / Die dörfliche Vergangenheit in Text und Fotografie, Ausgabe 1990, Hrsg. Flecken Lutter

Die Geschichtliche Entwicklung des Fleckens Lutter, Ausgabe 2006, Hrsg. Verein der Museumsfreunde e.V. Lutter

Div. Internetquellen, u.a. aus Wikipedia, know library, Kneipen-Lexikon, Burg-Lutter/Denkmal e.V.

Heimatmuseum Lutter

 

 

Bildquellen

siehe oben unter Textquellen sowie eigene Bilddokumente

 

Weitere Fotos und Ansichtskarten aus der Zeit von 1900 bis in die Gegenwart finden sich unter

http://www.wolfgangroehl.de/Lutterbilder.htm

 

 

Internetsites

Gemeinde Lutter (am 01.11.2021 zur Stadt Langelsheim eingemeindet): http://www.sg-lutter.de (mit Weiterleitung zur Stadt Langelsheim)

Die heutigen Burgherren und ~damen (Lutter-Gruppe): http://www.burg-lutter.de/

Heimatmuseum Lutter: http://www.lutterambarenberge.de/ oder http://www.heimatmuseum-lutter.de/